"Das reicht halt nicht"
Das erste Spiel Unions nach der Entlassung, äh, Freistellung von Jens Keller und Henrik Pedersen und mit André Hofschneider als Cheftrainer liefert wenig Argumente für diese Veränderung und bringt einen 1-0 Sieg für die Gäste auus Dresden.
Grundausrichtung
Union trat in Hofschneiders erstem Spiel mit auf zwei Positionen verändertem Personal, einer leicht variierten Formation und etwas weniger System auf als unter Keller/Pedersen - und mit individuell und kollektiv kaum verbesserter Leistung im Vergleich zur Vorwoche in Bochum.
Entsprechend Hofschneiders Ankündigung vor dem Spiel, nicht allzu viel verändern zu können und zu wollen, behielt Union die Formation aus der Saison bisher bei, zentral offensiv kam dabei aber Skrzybski zum Einsatz und nicht, wie ein Blick auf die Aufstellung hätte vermuten lassen, Gogia.
Die systematischen Ausrichtung änderte sich trotzdem sichtlich. Bei gegnerischem Ballbesitz agierte Union zunächst deutlich zurückgezogener, die Außen fielen auf Höhe des zentralen Mittelfeldes zurück, in dem Kroos und Skrzybski sich auf einer Linie vor Daube positionierten. Mit Polter als einziger Spitze übte Union im ersten Durchgang nur sehr vereinzelt Druck auf Dresdens Aufbauspiel aus, und auch Gegenpressingsituationen kamen selten zustande.
Im eigenen Ballbesitz fiel Daube klar zwischen die Innenverteidiger zurück. Den ersten Pass nach vorn spielten dabei (trotzdem) meist die Innenverteidiger, die zunächst seltener den langen Ball auf Polter wählten. Stattdessen spielten sie auf den Flügeln flache Pässe auf die Außenverteidiger, die diese Bälle schnell auf die offensiven Außen weiterzuleiten versuchten.
Das Problem daran war, dass Hedlund und Gogia nach diesen Stafetten den Ball recht weit vom Tor entfernt an der Auslinie bekamen, ohne verlässlich weitere Anspielstationen zu haben. Daraus erwuchsen Dribblings gegen Dynamos von da aus mehrfach gestaffelte Defensive. Gogia - der insgesamt kein extrem glückliches Spiel machte - war damit zwar sogar gelegentlich erfolgreich, diese (wenigen) Situationen wurden aber nicht genau genug ausgespielt.
Für eine konstantere Auflösung dieser Konstellationen wäre eine aktive Beteiligung der Außenverteidiger bis ins letzte Drittel nötig gewesen. Diese scheuten davor jedoch zurück, respektive waren angewiesen, sich konservativ zu verhalten. Angesichts der Probleme in der Flügelverteidigung zuletzt war das auch verständlich.
Allein, es half nicht wirklich mit dem defensiven Problem: Dresden spielte immer wieder lange Bälle hinter die Außenverteidiger, vor allem Pedersen, die oft nicht abgefangen werden konnten und zu einigen gefährlichen Hereingaben führten. Diese Bälle zu spielen wiederum war den Dresdner Innenverteidigern und Konrad möglich, weil sie dank Unions passivem (nicht-)Pressing recht viel Zeit am Ball hatten.
The Main Man in Midfield
Ich weiß, keine Witze mit Namen. Aber Niklas Hauptmann war tatsächlich der entscheidende Spieler in der Auseinandersetzung im Mittelfeld. Denn dort bestand pro forma Gleichzahl zwischen beiden Mannschaften, doch die Qualitäten und die Rolle des jungen Dresdner Eigengewächses tippten das Gleichgewicht zu Gunsten der Gäste.
Mit Dresdens 433 und Union 4141 (bei gegnerischem Ballbesitz) ergaben sich eigentlich direkte Zuordnungen: um die beiden tieferen Dresdner Mittelfeldspielern Konrad und Lambertz kümmerten sich Skrzybski und Kroos - entweder in direkter Bewachung oder mit dem Versuch, Pässen auf sie im Weg zu stehen. Hinter diesen Pärchen blieb Union Dennis Daube als defensivster Mittelfeldspieler, ihm wäre also eigentlich Hauptmann zuzuordnen. Nur eigentlich, weil schon das sich-Freilaufen von Hauptmann es für Daube sehr schwer machte, seinem (dieser Ansicht nach) direkten Gegenspieler zu folgen. Denn Hauptmann ging immer wieder weite Wege bis auf die Flügel, während Dresden den Ball im Aufbau zwischen Innenverteidigern, Torwart und den unterstützenden Sechsern hin- und herspielte. Somit war er in Räumen anspielbar, in denen Daube ihm nicht folgen konnte, ohne große Lücken zentral vor der Abwehr zu lassen. Die Union-Spieler auf den Außen waren dagegen mit ihren eigenen defensiven Aufgaben zu sehr beschäftigt, um gegen Hauptmann helfen zu können.
Weshalb übrigens Dennis Daube auf dieser Position spielte und nicht Grischa Prömel (mit dem Union bisher bessere Ergebnisse hatte als ohne ihn), erschloss sich während des Spiels nicht. Daube hatte zwar einige ordentliche Aktionen in der Balleroberung, konnte aber nicht besonders dazu beitragen, Verbindungen im Aufbauspiel herzustellen. Nun kann man das Daube kaum persönlich vorwerfen - Verbesserungen in diesem Bereich wären nur eben am ehesten, wo er vielleicht Vorteile gegenüber Prömel haben könnte. Vielleicht. So war das aber in jedem Fall eine der schwerer nachzuvollziehenden Entscheidungen.
Taktik ob man will oder nicht
Die offensichtliche - weil schon jetzt oft wiederholte - Entschuldigung für diese Schwächen ist, dass der neue Trainer ja erst seit kurzem mit der Mannschaft arbeite, und deshalb in seinem Wirken nicht weiter sein könne. Diese Entschuldigung wirkt aus mehreren Gründen nicht. Zuallererst, weil ja niemand den Trainerwechsel und die Unterbrechung in den Vorbereitungen der Mannschaft erzwungen hat. Aber auch nicht direkter in Bezug auf Hofschneider.
Da sind zuerst die drei Tage zur Vorbereitung, die wirklich 5 nach der Kontaktaufnahme durch die Vereinsführung waren. Da ist der Umstand, dass Hofschneider seit vielen Jahren im Verein arbeitet und daher die Mannschaft in vielen Einzelteilen und ihrer Gesamtheit gut kennt, oder gut kennen sollte. Auch seine Tätigkeit als Trainer der U19 kann ihn von diesem Anspruch nicht befreien. Schließlich ist, auf Situationen ähnlich der aktuellen vorbereitet zu sein, der Grund, aus dem Hofschneider die höchste Trainerlizenz erworben hat - auch während dieses Prozesses sollte Union übrigens wohl sein primäres Analyse-Objekt gewesen sein.
Vor allem aber würde die kurze Arbeitszeit entschuldigen oder erklären, warum neue Akzente noch nicht deutlich formuliert und in der Spielweise der Mannschaft durchgehend umgesetzt würden. Ihr Fehlen, oder das eines Plans zur Entwicklung der Mannschaft überhaupt, erklärt die Kürze der Zeit nicht. Doch gerade dieses Fehlen war vor allem in und nach den Einwechslungen sichtbar.