"Ich will kommen und spielen"
Eroll Zejnullahu ist der letzte Union-Nachwuchsspieler, dem es gelang, sich in der Profimannschaft zu etablieren - zeitweise, denn in der Amtszeit von Jens Keller spielte er keine Rolle mehr. Im Interview mit Eiserne Ketten spricht er darüber, wie er in dieser Saison nun beim SV Sandhausen - dem aktuellen Tabellenvierten, der am Wochenende in Berlin gastiert - eine Gelegenheit sucht, das zu tun, was er am liebsten macht: Fußball spielen.
Eiserne Ketten: Zuerst, wie geht es dir? Im Spiel gegen Braunschweig vor zwei Wochen hast du dich nach wenigen Minuten schwerer am Knie verletzt. Wie ist die Prognose?
Eroll Zejnullahu: Die Verletzung ist nicht so schlimm wie zuerst befürchtet. Es ist eine Faser des Außenband gerissen. Wir reden aber auf keinen Fall von Monaten, sondern eher von Wochen für die ich ausfalle. Ich gehen von ein bis zwei, maximal drei Wochen aus.
Tut es besonders weh, beide Spiele gegen Union in dieser Saison verletzt zu verpassen?
Ich wäre beim Hinspiel sehr gern dabei gewesen, und jetzt beim Rückspiel natürlich auch. Es ist immer etwas schönes, gegen seine alten Mannschaftskollegen zu spielen - ich hätte mich sehr darauf gefreut.
Nach seiner ersten Amtszeit als Cheftrainer sagte Andre Hofschneider 2016 über dich:
"Wenn Eroll Zejnullahu 2018 in der ersten Liga spielt, dann nur mit Union. Er wurde zu sehr gehypt, er ist ein talentierter Spieler, aber weit davon weg, ein Erstligaspieler zu sein. Davon sollte auch er selbst sich nicht unter Druck setzen lassen. [...] Es wäre schön, wenn er erstmal über 10 Spiele Konstanz zeigen würde. [...] Wenn man sich seine Saison anschaut und was einen Mittelfeldspieler ausmacht... Torgefahr: überschaubar. Und im Defensivverhalten kann er sich auch noch steigern"
Wie hast du diese Aussagen damals wahrgenommen?
Ich kann mich gar nicht mehr genau daran erinnern. Aber gut, ich schätze den Hofi sehr und kenne ihn auch schon länger. Ich denke, dass seine Aussagen damals auf jeden Fall richtig gewesen sind. Ich freue mich für ihn darüber, dass er jetzt die Cheftrainerposition innehat und wünsche ihm, so viele Spiele wie möglich zu gewinnen. Ich war damals noch sehr jung, 18, 19, 20 und es ging mir darum, von Spiel zu Spiel zu schauen und so viele Spiele wie möglich zu machen. Dass ich mich damals mit der Bundesliga beschäftigt hätte, würde ich auf keinen Fall sagen.
Hast du die Punkte, in denen Hofschneider damals Entwicklungspotential gesehen hat, selbst auch als Dinge gesehen, an denen du arbeiten kannst? Und hast du dich inzwischen darin verbessert?
Ich denke schon, dass ich auf jeden Fall konstanter geworden bin und dass mein Defensivverhalten besser geworden ist. Ich habe dann unter Keller kaum gespielt und bin hier in Sandhausen leider nicht dazu gekommen, alle Spiele zu machen. Aber ich sehe meine Entwicklung auf jeden Fall positiv. Bezüglich Defensivverhalten und Torgefahr geht es immer noch besser und ist es nie genug. Und da kann ich auf jeden Fall noch mehr rausholen.
Mittlerweile bist du an Sandhausen ausgeliehen und stehst mit dem SVS auf Platz vier nur zwei Punkte hinter dem Relegationsplatz. Kommt da Hoffnung auf, die Bundesliga vielleicht so zu erreichen?
Also, wir als SV Sandhausen wollen erstmal darauf schauen, den Klassenerhalt zu sichern. Alles, was darüber hinauskommt sind zusätzliche Ziele - da haben wir uns im Moment vorgenommen, unter die ersten Zehn zu kommen. Das wollen wir erreichen, wozu es darüber hinaus vielleicht noch reicht, werden wir sehen. Natürlich freuen wir uns, da zu stehen wo wir momentan sind. Aber wir versuchen einfach von Spiel zu Spiel zu schauen und jedes Spiel einzeln zu gewinnen.
Warum glaubst du ist die Liga in dieser Saison so unglaublich ausgeglichen?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Die Liga ist wirklich sehr ausgeglichen, nur Nürnberg ist momentan auf einem sehr guten Weg. Düsseldorf patzt gerade, genau so wie Kiel. Diese Saison beweist, dass in der Liga wirklich jeder jeden schlagen kann.
Was macht Kenan Kocak als Trainer aus? Was sind die Stärken eurer Mannschaft?
Wir als Mannschaft stehen in jedem Spiel sehr, sehr gut im Defensivverbund, sind immer kompakt. Und vorne gelingt uns dann halt gerade immer ein Siegtreffer. Wenn wir dann vorne noch treffen, umso besser, häufig reicht es sogar zum Sieg. Ich denke, dass wir vor allem als Kollektiv immer gut zusammenarbeiten.
Was hat dich davon überzeugt, in Sandhausen einen neuen Anlauf zu starten?
Ich hatte sehr gute Gespräche, auch mit dem Manager Otmar Schork. Mich hat der ganze Verein überzeugt. Und von Kenan Kocak halte ich sehr viel.
Wie würdest du deine spielerisch-taktische Rolle unter Kenan Kocak beschreiben?
Ich habe oft auf der Zehner- oder Achterposition im offensiven Mittelfeld gespielt, die meine Wunschposition ist. Für mich ist wichtig, dass ich so viel spiele wie möglich. Deshalb war auch der Schritt hier nach Sandhausen sehr gut, die Jungs haben mich super aufgenommen. Der Trainer hat mir Rückhalt gegeben. Das war für mich in dieser Saison das Wesentliche.
Einige Verletzungen haben deine Spielzeit reduziert, aber in den ersten Spielen in diesem Jahr kamst du zu mehr Einsatzminuten und konntest du gegen Bielefeld, Dresden oder Düsseldorf Tore und Großchancen vorbereiten. Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Saison?
Mit den Spielen, die ich absolviert habe, bin ich sehr zufrieden, darauf kann ich aufbauen. Natürlich kann man sich immer steigern, ich versuche mich jeden Tag zu verbessern. Meine Leistungen können immer noch besser werden. Für die Spiele, die ich gemacht habe, kann ich auf jeden Fall sagen, dass ich alles gegeben habe und für den Verein das beste getan habe.
Wie hast du Union in dieser Saison verfolgt - als einen von 17 Konkurrenten oder deinen Stammverein, bei dem du auch für die nächste Saison unter Vertrag stehst?
Ich beobachte schon sehr genau, wie es bei Union läuft, versuche, jedes Spiel zu schauen und drücke den Jungs die Daumen - auch den Trainern und vor allem Hofi. Natürlich versuche ich vor allem, für den SV Sandhausen das Bestmögliche heraus zu holen, aber mit einem Auge schaue ich auch auf Berlin.
Lässt sich aus deiner Position sagen, wie die Perspektive für die nächste Saison aussieht? Wenn Union den Aufstieg in diesem Jahr nicht schafft - wonach es sehr stark aussieht - wird sich im Kader dort einiges verschieben. Gehst du davon aus, in der nächsten Saison wieder bei Union zu spielen?
Vertraglich gesehen bin ich nächste Saison in Berlin. Die Saison geht nun noch eine Weile, und danach muss ich schauen und wir werden uns alle zusammen Gedanken machen, wie es mit mir weiter geht.
Würdest du dir wünschen, wieder bei Union zu spielen?
Es ist immer schön, wenn man spielt. Das ist der wesentliche Punkt: Ich will kommen und spielen. Das ist das primäre Ziel. Wenn man dann sagt, 'die Tür ist zu', muss man sich natürlich anderweitig umschauen. Für mich ist das Wesentliche, dass ich zu meinen Spielzeiten komme. Darüber kann man sich dann unterhalten.
Es ist noch unsicher, wer Union in der kommenden Saison trainiert. Dein Spielstil ist auf entscheidende Pässe ausgerichtet, kommt aber auch mit gelegentlichen Ballverlusten. Glaubst du, dass du zu verschiedenen Spielsystemen passen würdest, also zum Beispiel zu Ausrichtungen auf Pressing oder Orientierung eher auf mehr Ballbesitz?
Ich bin ein Spieler, der gern den Ball hat. Aber ich bin auch ein junger Spieler und noch lernfähig, sodass ich mich an verschiedene Systeme anpassen kann. Aber wie gesagt: Mir liegt es eher, mit dem Ball Fußball zu spielen als ihn nicht zu haben.
Sandhausen ist als Ort ungefähr das Gegenteil von Berlin - wie lebt es sich dort?
Klar ist es ein Unterschied, Berlin ist die Hauptstadt, eine Riesenmetropole. Sandhausen ist was kleineres, aber ruhigeres, schöneres. Nein, nicht 'schöneres', denn Berlin ist ja auch schön, anders schön. Berlin ist meine Heimat, aber ich fühle mich sehr wohl hier. Das wesentliche ist das Fußballspielen und wenn das läuft, ist alles in Ordnung.
Zejnullahu-Szene der Saison
Die vielleicht beste Szene Erolls in dieser Saison bisher ist die Vorlage zum 2-1 für Sandhausen gegen Bielefeld im Dezember. Auf eingeschneitem Platz erkämpft sich Zejnullahu im Gegenpressing gegen drei Gegenspieler den Ball und spielt ihn sofort Richard Sukuta-Pasu in den Lauf, der zur Führung trifft. Dass neben dem starken Steilpass auch ein gewonnener körperlich geführter Zweikampf zu dieser Szene gehört, zeigt, wie Eroll neben sehr guten Werten für Schnittstellenpässe auch zu guten Defensivstatistiken kommt - eine allgemein unterschätzte Seite seines Spiels.
Dass es dem Kommentator der DAZN Zusammenfassung dabei nicht gelingt, Zejnullahus Namen korrekt auszusprechen, macht die Szene nur noch typischer.