Wie weiter?

Jens Keller wird in der nächsten Saison den 1. FC Union trainieren. Als jemand, der in Köpenick gern erfolgreichen, vor allem aber interessanten und intelligenten Fußball sehen will, habe ich darauf nicht mit großem Enthusiasmus reagiert.

Prognosen sind schwierig

Diesen Blog habe ich angefangen, weil genau das bei der Verpflichtung von Sascha Lewandowski anders war. Damals (i.e., im letzten Herbst) habe ich auch darüber geschrieben, welchen Fußball ich mir von Lewandowskis Union erwarte. Wie die folgenden Monate zeigen sollten, haben sich diese Erwartungen in Lewandowskis schmerzhaft verkürzter Zeit bei Union nicht vollständig erfüllt.

Zwar begann man in den ersten Spielen unter dem neuen Trainer mit einem 433-artigen System und zumindest Ansätzen des Pressing- und Schnellangriffspiels, dass man sich ich mir von dem Wechsel versprach. Doch mit dem Hinspiel gegen Paderborn und einer katastrophalen Leistung kam Lewandowski zu dem Schluss, dass eine kontinuierliche Entwicklung hin zu seinem favorisierten Modell während der Saison mit dem existierenden Kader zu schwierig oder riskant würde, und konsolidierte stattdessen die Mannschaft, ihre Leistung und die erzielten Ergebnisse in einem 352, das immer wie ein funktionierendes Provisorium wirkte.

Wenn sich eine Weiterentwicklung in den letzten Spielen im letzten Jahr angedeutet hat, so wurde sie nach der Winterpause von einem schwierigen Transfermarkt, Verletzungen und schließlich dem krankheitsbedingten Abschied Lewandowskis unterbrochen. An dieser Abfolge von Ereignissen wird deutlich, dass es nicht nur schwierig ist vorherzusagen, wie erfolgreich etwa eine neuer Trainerin bei einem Verein sein wird, sondern auch, in welcher Phase sie welche Vorstellung von Fußball umzusetzen versuchen wird.

Prognose: Keller

Diese Vorbehalte gelten auch für alle Vermutungen darüber, was Jens Keller mit seiner Union Mannschaft anfangen wird. Natürlich gibt seine Zeit auf Schalke Hinweise dazu, was ihm fußballerisch vorschwebt, aber diese Hinweise zu extrapolieren kann nicht zu sehr gesicherten Erkenntnissen führen - zu unterschiedlich sind die individuellen Stärken der beiden Kader, und zu viel Zeit liegt auch zwischen beiden Engagements, in der sich Keller weiterentwickeln konnte.

Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass Schalke unter Jens Keller oft mit starkem Fokus auf den Flügeln agierte. Dort versuchte man sich mit Spielern wie Draxler oder Farfan in eins-gegen-eins Duellen durchzusetzen. Wenn dazu die individuelle Qualität reicht, kann dieser Ansatz durchaus erfolgreich sein. Allerdings ist er auch anfällig dafür, mit relativ einfachen Mitteln entgegnet zu werden. Schwerwiegende Folgen hat das vor allem, wenn ein alternativer Plan fehlt und etwa gut strukturierter Spielaufbau nicht gelingt. Genau das passierte Kellers Schalke immer wieder.

Alptraum
Worst case: Union mit limitierter individueller Qualität und mit Flügelfokus, der schon bestehende Probleme in der Besetzung der Räume im Mittelfeld auf die Spitze treibt. Ich glaube nicht, dass das so passiert.

Eine kritische Sichtweise auf Kellers Wirken in Schalke ergibt sich dabei nicht daraus, dass die erreichten Ergebnisse ausgesprochen schlecht gewesen wäre - das waren sie nicht - sondern daraus, das dank vielversprechender Transfers und guter Nachwuchsarbeit sehr viel mehr möglich erschien. Gleichzeitig fehlt für positivere Gedanken eine Grundlage, auch weil Keller, wie viele Trainer, in seinen öffentlichen Äußerungen wenig über Details seiner fußballerischen Ausrichtung spricht.

perspektive
Das Personal, dass für Union im nächsten Jahr aufläuft, lässt sich dank möglicher Transfers noch schwerer als die Ausrichtung voraussehen. Entsprechend stehen hinter Wood ebenso Fragezeichen wie der Besetzung der Sechs und der linken Verteidigung.

Damit ist selbstverständlich mit keinem Wort gesagt, dass die nächste Saison für nicht erfolgreich sein wird. Zum einen könnte Keller anders spielen lassen als in Schalke, zum hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass gerade in der zweiten Liga Fußball mit derartiger Ausrichtung funktionieren kann. Dass mir das stilistisch gefällt, ist keine notwendige Bedingung für Siege.

post scriptum

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