Schulter über Schulter
In einem Spiel, das in den meisten anderen Belangen aufregender war als in taktischen, ist Union Kaiserslautern deutlich überlegen und hält sich mit einem Sieg in der Spitzengruppe.
Grundausrichtung
Die Dynamik dieses Spiels wurde sehr deutlich von der Weise, in der die Grundformationen beider Mannschaften zusammenpassten, geprägt. Jens Keller kehrte beim Verletzungs-comeback von Stephan Fürstner zum 433 zurück, dem Norbert Meier ein 532 mit einem Sechser entgegensetzte. In der Folge hatte Kaiserslautern große Probleme auf den defensiven Flügeln und kam offensiv selbst lediglich zu ordentlichen Ansätzen.
Kaiserslauterns gescheiterte Flügelverteidigung
Vor allem in der ersten Viertelstunde hatten die Gäste aus der Pfalz immense Probleme in der Verteidigung vor allem ihrer linken Abwehrseite. Union kam in dieser Zeit zu mehr Chancen als in einigen der letzten Spiele insgesamt, und Lautern war mit einem 1-0 Rückstand auch nach eigener Wahrnehmung glimpflich davon gekommen.
Der Kern des Problems war die Unterzahl, in der sich der Flügelverteidiger Lauterns (auf Links also Gaus gegenüber den Union Außenstürmern und -verteidigern (Trimmel und Skrzybski) befand. Das besserte sich auch im Kontext der anschließenden Mannschaftsteile nicht. Weder die Innenverteidiger, die von Polter und dem nachrückenden Kreilach beschäftigt wurden; noch die zentralen Mittelfeldspieler, die ebenfalls selbst in wichtigen Räumen nicht in Überzahl kamen, konnten Unions Überladungen der Flügel ausgleichen.
Die Folge waren fast beliebig viele Durchbrüche von Skrzybski und Trimmel, insgesamt 23 Flanken von Union und konstanter Druck und offensive Präsenz der Köpenicker, aus der auch Torchancen entstanden.
Wir haben nicht so schnell verschoben wie wir sollten, dann wird es natürlich brutal schwer. Wir haben auch Kroos immer den freien Fuß gelassen, der natürlich immer in der Lage ist, den Schnittstellenpass oder den Ball hinter die Kette zu spielen, wenn wir Innenverteidiger so weit mit raus müssen.Das haben wir vor allem in den ersten fünfzehn Minuten überhaupt nicht in den Griff bekommen. Das war ausschlaggebend dafür, dass wir uns nicht befreien konnten.
Tim Heubach
Wie auch in der Antwort Tim Heubachs auf die Frage, warum Lautern die Situation lange nicht mitigieren konnte, deutlich wird, gab für Norbert Meiers Mannschaft in ihrer Ordnung keine gute Lösung für das Problem. Wenn der Flügelverteidiger sich, wie Gaus zu Folge eigentlich vorgesehen, an den Union Außenverteidigern orientierte, hatten die Halbverteidiger die Wahl zwischen zwei schlechten Optionen: Unions Außen frei im Angriffsdrittel stehen zu lassen; oder sie zu übernehmen, dabei aber eben große Räume zwischen sich und dem Zentrum zu öffnen, in die Kreilach oder Polter stoßen konnten. Die erste Großchance des Stürmers entstand zwar nach einer anders gelagerten Umschaltaktion, zeigte die einschlägigen Gefahren eines Sprints von Polters in diesen Raum, den Kroos gut bediente, aber trotzdem.
Ob allerdings zu langsames Verschieben wirklich der Grund für das Scheitern der Lauteren Defensivbemühungen war, wie auch Norbert Meier in der Pressekonferenz diagnostizierte, darf bezweifelt werden. Denn Kroos und Fürstner fanden den Raum und die Freiheit, gefährliche Bälle in die überladenen Zonen zu spielen, auch, in dem sie sich fallen ließen und so dem Zugriff der Achter Moritz und Stieber entzogen. Sie dorthin zu verfolgen hätte das Zentrum geöffnet, das zu sichern Mwene zu Folge das Kaiserslautern Priorität war.
Dass diese Prioritätensetzung gegen Union vermutlich eher falsch ist, obwohl Kellers Mannschaft im Zentrum gut besetzt ist, hat Aue vor anderthalb Wochen gezeigt. Die Erzgebirgler hatten zwar auch Mario Kvesic im Zentrum, was das ganze erleichtert, ließen dort aber oft nur zwei Spieler stehen, während die beiden Flügelstürmer sowohl die Unterzahl auf den Flügeln ausglichen, als auch den Druck auf das Aufbauspiel Unions erhöhten, was es schwerer machte, die Räume im Zentrum zu nutzen.
Lauterns Ansätze im Offensivspiel
Zumindest in der Zeit, in der Zoula und Osawe auf dem Platz standen, konnte Kaiserslautern aber immerhin sein zum bisher gesagten reziprokes offensives Potential andeuten.
So gab es einige Situationen, in denen die beiden Stürmer Unions Innenverteidiger isolieren konnten. In diesen Momenten hatten sie die Gelegenheit, off the shoulder von Leistner und Puncec zu spielen, sich also um sie herum in offene Räume zu drehen. Um daraus Chancen zu machen, fehlten allerdings letztlich passende Anspiele. Weil Union das Spiel insgesamt dominierte (Unruhephasen mit überhasteten Bällen in die Spitze, die Stephan Fürstner nach dem Spiel bemängelte, zum Trotz), hatten die Pfälzer schlicht zu wenige Ballbesitzphasen, um oft genug diese Anspiele zu versuchen.
Dasss Osawe früh ausgewechselt werden musste erschwerte das zusätzlich, da Przybylkos Bewegungen weniger passend waren.
Schlussoffensive
Mit dem Ausgleichstor begann eine intensive, letzlich erfolgreiche Schlussoffensive Unions, in der zunächst wieder mit mehr Druck die selben Vorteile wie zu Beginn gesucht wurden. Angesichts des Ergebnisdrucks spielte Union seine Flügelangriffe allerdings direkter und flankte früher. Das ist zwar im Durchschnitt nicht effektiv, machte auf Grund der erhöhten Frequenz und der körperlichen Vorteile von Polter und Kreilach trotzdem Sinn.
Kaiserslautern zog sich in der Folge in eine flache Fünferkette zurück, bekam aber immer noch keinen Druck auf die Ballannahmen der Union-Außen, sodass Situationen wie der vermeintliche Handelfmeter nach Hereingabe von Trimmel entstanden. Nach wütenden fünf Minuten spielte Union wieder etwas ruhiger in den großen Teilen des Feldes, die Kaiserslautern (von wenigen Kontern abgesehen) geräumt hatte.
Die Einwechslung von Hosiner für Kroos, die formell das System umstellte, änderte de facto wenig, da Kreilach sich ohnehin schon oft in der letzten Linie einsortiert hatte. Er und Hosiner teilten sich nun die Besetzung des Zehnerraums, während die Außenverteidiger ebenso höher aufrückten wie die Innenverteidiger.
Wie in diesem Spiel kaum anders vorstellbar fiel das 2-1 nach einer Flanke Unions und einer etwas diskutablen Schiedsrichterentscheidung. Von der Last des treffen-müssens befreit spielte Union eine schöne Kombination im Halbraum und schoss auch noch das 3-1.
Szene des Spiels
Das Tor zum 1-0 illustriert Kaiserslauterns Probleme auf dem Flügel. Die Entstehung folgte zunächst dem beschriebenen Schema. (Trimmel zieht Gaus auf den Flügel und nahe an die Mittellinie, Skrzybski bekommt auf dem offensiven Flügel verfolgt von Heubach den Ball, Ewerton muss den körperlich weit überlegenen Polter verfolgen.)
Zwar konnte Koch nun zunächst, quasi in der dritten Welle des Union Angriffs, gegen Redondo den Ball abfangen, verlor ihn jedoch sofort wieder gegen dessen Gegenpressing. Drei Pässe später kommt Skrzybski zu der Hereingabe, die Mwene gegen Damir Kreilach nicht verteidigen kann.