Wie sehr ist Darmstadt wie Kaiserslautern?

Hier gibt es heute eine Liveanalyse zum Aufeinandertreffen von Union und Darmstadt, in dem die Gastgeber gegen einen verunsicherten Gegner einen Dämpfer aus der Vorwoche ausgleichen wollen werden.

Polter Darmstadt

Der junge Sebastian Polter im letzten Spiel Union - Darmstadt, unter anderem gegen Sandro Sirigu, der einen Auf- und Abstieg später noch immer in Darmstadt spielt, Photo: Stefanie Fiebrig

Fazit

Ein Tor in letzter Sekunde der Nachspielzeit rettet Union ein Unentschieden, dass diesem Spiel gerecht wird. Denn trotz Unions Überlegenheit fanden beide Mannschaften gegen die nicht besonders stark variierten Konzepte des Gegners keine Lösungen und verdienten sich so je drei Gegentore.

Unions offensive Außenverteidiger haben wenig Spielraum für Abstimmungsfehler in der Verteidigung von Bällen in den Raum hinter sich. Passieren solche Fehler, werden Flanken zu einfach und sind dann auch für die eigentlich kopfballstarke Innenverteidigung schwer zu verteidigen - die sich aber wie in Heidenheim auch nicht besonders geschickt angestellt hat.

Darmstadt dagegen konnte dem Tempo von Hedlund und den Bewegungen von Hartel nicht folgen und erlaubte Union so viele Aktionen in gefährlichen Räumen und hatte etwas Glück, nicht mehr große Chancen zuzulassen. Dieses Glück hielt aber nur 93 Minuten lang.

2. Halbzeit

80. Minute

Das Spiel ist nun emotional aufgeladen, bietet aber weniger spielerisch klare Momente.

Gerade Union traut sich nicht mehr, Lösungen zu suchen, und spielt mehr lange Bälle auf Polter. Dabei war die Erfolgsquote der Offensivaktionen hoch.

74. Minute

Dazu gehört natürlich auch, dass beide Mannschaften keine Wege finden, diese Situationen zu verteidigen. Bei Darmstadt kommen die vorderen Mannschaftsteile nicht schnell genug zurück um defensiv zu helfen, bei Union sind die defensiven Flügel offen, weil die Außenverteidiger hoch aufrücken - und Flanken mit zu wenig Druck zugelassen werden.

68. Minute

Ein weiterer Darmstädter Angriff über den Flügel bringt den nächsten Elfmeter und das 3-2 für Darmstadt - nachdem sich genau das kurz zuvor auf der anderen Seite fast ereignete, es diesmal aber keinen Strafstoß gab.

Dieses Spiel ist schönes Anschauungsmaterial dafür, wie zwei Mannschaften mit sehr unterschiedlichen Spielanlagen und verschiedenen Mitteln die selben Räume bespielen können. Beide zielen auf die Flügel, Darmstadt eher mit langen Bällen, Union mit Kombinationen, in denen die offensiven Außen (auch) im Zentrum beziehungsweise den Halbräumen eingebunden sind.

59. Minute

Nach dem Rückstand wird Union sofort wieder dringlicher im Spiel nach vorn und rückt bei Kontern wieder aggressiver auf. Eine solche Situation bringt einen gefährlichen Freistoß, der einen Elfmeter, und so das 2-1.

Das allerdings postwendent nach einer weiteren unbedrängten Flanke mit dem 2-2 beantwortet wird.

Nun wird Skrzybski kommen, wohl für Gogia.

50. Minute

1-1. Der Ausgleich für Darmstadt fällt, als Union einen Ballgewinn einmal nicht gut ausspielt, Altintop den Ball gut verteilt und Union schließlich eine Hereingabe nicht klären kann.

Halbzeit-Fazit

Nach einer Anfangsphase, in der es Darmstadt recht gut gelang, auf den Außen hinter Unions Abwehrkette zu kommen und so mit eigenen zu Ende gespielten Angriffen Union wenig Gelegenheiten zum Kontern zu geben, verloren die Gäste etwas an Intensität und kam Union über eben solche Konter besser ins Spiel.

Die Aufbaudreierkette mit dem starken Prömel brachte in der Folge auch etwas ruhigere Ballbesitzphasen in Unions Spiel. Die Führung - die sich halb Pedersen, halb Darmstadt Keeper Stritzel verdankte - war so verdient, wenngleich Darmstadt vereinzelt zu Abschlüssen kommt.

1. Halbzeit

2. Minute

Beide Mannschaften formieren sich tatsächlich wie abgebildet, Daube scheint sich doch eher neben als vor Prömel zu positionieren.

Union-Darmstadt

Spieltag 15, 24. November 2017: 1. FC Union - SV Darmstadt 98. Die erwarteten Aufstellungen zu Beginn.

7. Minute

Gegen den Ball wird aus Darmstadts 4231 ein 442, in dem sie recht hoch stehen, sich Unions Aufbauspiel gegenüber aber eher passiv verhalten. Offensiv versuchen die Darmstädter Bälle hinter Unions Außenverteidiger zu spielen und haben so die erste Chance des Spiels.

10. Minute

Das Anlaufen der Hessen wird nun etwas aktiver, außerdem unterstützt Altintop die Spitzen, indem er sich an Prömel orientiert und aufrückt. Indessen findet Union mit den bekannten Kombinationen zwischen einrückenden Flügelstürmern und aufrückenden Außenverteidigern zu ersten Offensivaktionen.

15. Minute

Busk wird vom Trainerteam angewiesen, weniger Flachpässe mit den Innenverteidigern zu spielen, und stattdessen früher lange Bälle anzubringen. Hm.

22. Minute

Nicht zum ersten Mal ist Union nach einem Umschaltmoment gefährlich. Prömel macht ein gutes Spiel im Antizipieren von Pässen und der Eroberung loser Bälle, die offensiven Mittelfeldspieler und Außenverteidiger rücken konsequent und schnell nach vorn.

Union baut nun auch ruhiger auf, mit Prömel, der sich mittig hinter die Innenverteidiger fallen lässt.

33. Minute

Neben den gedanklichen und läuferischen Geschwindigkeitsvorteilen Unions bei Kontern haben Gogia und Hedlund auch in eins-gegen-eins Situationen gegen die geordnete Darmstadt-Defensive Vorteile, Union kommt so zu mittelguten Chancen.

40. Minute

Nach einem starken Solo von Pedersen - wie schon beschrieben eingesetzt - bekommt Prömel einen Schuss aus 16m aufgelegt, der gar nicht so gut ist, den Stritzel aber mit einem Fehler passieren lässt: 1-0.

42. Minute

Einmal mehr unterstützt Marcel Hartel gut einen Konter, in dem er auf einem Flügel Überzahl herstellt und den - immer wieder - auf den Flügel ziehenden Polter einsetzt, dessen Hereingabe die nächste große Union Chance bringt.

Zuvor kam Darmstadt zu seiner besten Gelegenheit nach einer Halbfeldflanke. Tiefe Anspiele auf den Flanken bleiben das beste Mittel der Gäste.

Aufwärmen

T -50

Die tatsächliche Aufstellung Unions zeigt, dass offensiv wirklich Hartel und Hedlund zurückkommen, Felix Kroos aber noch etwas eher als zuletzt ausgewechselt wird, nämlich von Beginn an. Ihn ersetzt Dennis Daube, was für eine Rolle von Grischa Prömel als alleinigem Sechser mit Daube etwas vor ihm spricht.

T -65

Die zentrale Frage an Unions Aufstellung ist die nach der Besetzung des offensiven Mittelfelds. Eine Rückkehr zur Konfiguration vor dem Spiel in Heidenheim erscheint am wahrscheinlichsten, schliesslich sind Hedlund und Hartel erholt und genesen; und war Union so in den Wochen zuvor erfolgreich.

Zweifel daran, dass Hartel zentral, Gogia rechts und Hedlund links auflaufen werden, speisen sich neben Steven Skrzybskis mit zwei Toren durchwachsenem Spiel in Heidenheim daraus, dass auch während der erfolgreichen Phase nicht alles gut war, und Union schon in Duisburg und gegen St. Pauli nicht allzu viele Chancen kreirte. Das lag jedoch mehr an unzureichender Vorbereitung von Angriffen als an individuellen Leistungen in der Offensive.

In dem, was Jens Keller vor dem Spiel sagte, klang so auch leise die Möglichkeit einer systematischen Anpassung durch, die für Hedlund, Gogia und Skrzybski Platz machen würde (und ja schon in Heidenheim geplant war) In Frage käme, dass Union einmal wieder das Rautensystem spielen würde, das es in der letzten Saison einige Male zu sehen gab. Denkbar wäre es mit Hedlund als zweitem Stürmer (obwohl für diese Rolle eigentlich Hosiner prädestiniert wäre), Skrzybski im offensiven Mittelfeld und Gogia in einer Halbposition. Das würde allerdings viele Spielerrollen in nicht offensichtlich vorteilhafter Weise ändern - und wird wohl nicht passieren.

Präambel

Ein Podcast, in dem es um den SV Darmstadt 98 geht, heißt 'Hoch und Weit'. Die Mannschaft fiel selbst in der Bundesliga durch Ballbesitzverweigerung auf. Und liegt auch in der zweiten Liga auf 14. nach Ballbesitz 13. nach Passquote.

Für Wohl oder Wehe gibt es im deutschen Fußball wohl kaum eine Mannschaft, die einen so profilierten fußballerischen Markenkern hat wie Darmstadt. Daran ändern auch Experimente mit so etwas wie Aufbauspiel am Saisonbeginn nicht viel, als sogar eine Torwartkette zu sehen war. Denn inzwischen ist die Mannschaft, die von Torsten Frings trainiert wird, deutlich länger sieglos als irgendjemand sonst in der Liga (8 Spiele, 4 Unentschieden, 4 Niederlagen).

So ist auch der Vergleich zu Kaiserslautern gerechtfertigt, obwohl Darmstadt nicht als Letzter und mit mehr als 2 Punkten nach Berlin kommt. Selbst die Frings Ankündigung, er werde nun keine Rücksicht mehr darauf nehmen, wie ein Spieler heißt, zusammen mit demonstrativem Optimismus vor dem Spiel erinnern ein wenig an das (kurzlebige) Lauterer Interimsgespann.

Taktisch ist die angestammte Darmstädter Herangehensweise ohne Spielaufbau gegen Union teils durchaus passend, da man Kellers Mannschaft so nichts zu pressen gibt. Allerdings ist fraglich, ob Darmstadt den produktiven Teil dieses Plans umsetzen kann. Denn erstens ist Union in der Regel kompetent darin, lang geschlagene Bälle zu kontrollieren und schnell (manchmal zu schnell) wieder dem eigenen Offensivspiel zuzuführen. Und zweitens darf sich Darmstadt nur wenige Gegentore leisten um hoffen zu können, so Punkte zu holen, war aber genau dazu in dieser Saison kaum im Stande: selbst beim letzten Sieg (über Bielefeld vor zwei Monaten) gab es drei Gegentore. Dabei fiel es Darmstadt vor allem schwer, effektiv zu verteidigen, obwohl es sich mit recht vielen Spielern zurück zieht. Gegen Union wird man sich nicht allzu viele Anspiele in den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld leisten können.

vgwort